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19. November 2018

Gottesdienst für verstorbene Kinder am 9. Dezember

„Einer der schlimmsten Tage im Leben“ von Hanne-Lore Düllmann liegt fast 60 Jahre zurück. „Doch ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen.“ Wir treffen die 91-Jährige im Herbst in ihrem Zimmer in einem Pflegeheim. Die Hüfte macht Kummer. Aber eigentlich fühlt sich Hanne-Lore Düllmann gut. Und mit großer Offenheit erzählt sie ihre Geschichte:

Noch vor wenigen Wochen war Hanne-Lore Düllmann fest entschlossen, am 9. Dezember in die Pauluskirche zu gehen. Leider ist sie inzwischen im Alter von 91 Jahren plötzlich verstorben. Ihre Familie - so auch Kerstin Blankenburg - hat sich gewünscht, dass sie dennoch ein Teil dieser Geschichte bleibt. Foto: Kristina Hußmann

Viel zu früh war ihr Sohn Burkhard auf die Welt gekommen. „Sechster, vielleicht siebter Monat.“ Er wog nur 900 Gramm, machte drei Atemzüge pro Minute. „Halte durch“, habe sie immer gesagt. “Halte durch“, und dabei seine langen Finger gestreichelt. Drei Stunden später war Burkhard tot. „Und ich fühlte mich so einsam.“

Ein System, das der Familie hätte helfen können, den Verlust zu verarbeiten, gab es zu dieser Zeit nicht. Unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit habe das Leben einfach so weitergehen müssen. „Keiner sprach mit mir. Ich fühlte mich schuldig.“ So habe sie nur zurück in den Alltag gewollt, um für ihre kleine Tochter da zu sein. Und für ihren Mann. „Wir haben zusammengehalten. Aber gemeinsam verarbeitet haben wir es nicht.“ Allein ihre Tochter habe immer wieder von ihrem Bruder gesprochen. „Sie hat Burkhard nie sterben lassen.“

Ein Glück sei es, dass sich die Zeiten geändert haben. „Heute kümmern sich ganz viele Menschen“, sagt Hanne-Lore Düllmann und drückt lächelnd die Hand von Kerstin Blankenburg.  Die Ehefrau ihres Enkels hat zwei Kinder tot zur Welt bringen müssen und engagiert sich seitdem in der Hagener Selbsthilfegruppe „Sternenkinder“, die sich vier Mal im Jahr trifft und einen offenen Gesprächskreis für Eltern bietet, die ihr Kind vor, während und nach der Geburt, oder in der ersten Lebenszeit verloren haben.

Während des Gottesdienstes wird für jedes verstorbene Kind eine Kerze angezündet. Foto: privat

Neben Krankenhausseelsorger Pfarrer Jürgen Krullmann ist auch immer eine Schwester der Kinderintensivstation des AKH und Christiane Eyring, die die Beratungsstelle „Bethanien Sternenkinder Hagen“ leitet, dabei. „Der Treffpunkt schafft einen Raum und eine Zeit, um offen über Gefühle, Ängste und Sorgen zu sprechen“, so Kerstin Blankenburg. Niemand sei verpflichtet. „Manche kommen nur ein oder zwei Mal, andere bleiben dabei und tragen die Gruppe mit – das ist ganz individuell und auch so gewollt.“

Weitere Info gibt es im Internet https://sternenkinderhagen.wordpress.com sowie per WhatsApp (0176.91429746.)

Fest zum Programm von „Sternenkinder Hagen“ gehört die Organisation eines Gottesdienstes, der immer am zweiten Sonntag im Dezember – dem internationalen Candle Lighting Day - stattfindet. Jedes Jahr werden an diesem Tag rund um den Globus Kerzen für alle verstorbenen Kinder angezündet. Damit ist der Candle Lighting Day eine besondere Form des Erinnerns, die Menschen erdumspannend verbindet und dabei Raum für die persönliche Geschichtet bietet. In Hagen wird an diesem Tag, am Sonntag, 9. Dezember, um 16 Uhr ein Gottesdienst in der Pauluskirche in Wehringhausen gefeiert. „Im Gottesdienst wird viel Raum für das Erinnern sein“, sagt Pfarrer Jürgen Krullmann, der den Gottesdienst mitorganisiert. „Im Anschluss gibt es Kaffee und Kuchen und neben Informationsmaterial die Möglichkeit zum Austausch.“ „Wenn es mir gut geht, werde ich auf jeden Fall hingehen“, hatte sich Hannelore Düllmann fest vorgenommen. Aus Solidarität. Aber vor allem, weil Burkard ein Teil ihres Lebens ist: „Ich werde nie vergessen, wie er ausgesehen hat.“

Der Gottesdienst findet am Candle Lighting Day statt - einem Tag, an dem rund um den Globus Kerzen für alle verstorbenen Kinder angezündet werden. Foto: Nicole Schneidmüller-Gaiser

Inzwischen ist Hanne-Lore Düllmann im Alter von 91 Jahren plötzlich verstorben. Ihre Familie hat sich gewünscht, dass sie dennoch ein Teil dieser Geschichte bleibt. „Es war ihre eine Herzensangelegenheit“, sagt Kerstin Blankenburg. „Vor allem, um Menschen zu zeigen, dass sie in dieser Situation nicht allein bleiben müssen.“

 

Termin und Hintergrund

Ein Gottesdienst für alle verstorbenen Kinder wird am Sonntag, 9. Dezember, um 16 Uhr in der Pauluskirche in Wehringhausen gefeiert. Der Gottesdienst findet am Candle Lighting Day  statt - einem Tag, an dem rund um den Globus Kerzen für alle verstorbenen Kinder angezündet werden. Menschen, die ein Kind verloren haben, stellen am Abend um 19 Uhr für eine Stunde eine Kerze ins Fenster. Über die verschiedenen Zeitzonen hinweg entsteht so eine Lichterkette, die sich einen Tag lang um die ganze Welt zieht. Auch in dem Gottesdienst am 9. Dezember wird für jedes Kind eine Kerze angezündet. Im Anschluss gibt es bei Kaffee und Kuchen die Möglichkeit zum Austausch und zur Information.