Kein Tag wie jeder andere

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Kein Tag wie jeder andere

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Kein Tag wie jeder andere

Der 9. November ist kein Tag wieder jeder andere. Ich unterrichte Religion am Käthe Kollwitz Berufskolleg in Hagen und nehme dieses Datum gern zum Anlass für eine Unterbrechung meines normalen Unterrichtsprogramms. Denn dieses Datum ist etwas besonders.

Bei meinen Schülerinnen und Schülern stelle ich fest, dass die Aufmerksamkeit und das Interesse für historisch bedeutsame Daten und die damit verbundenen Ereignisse immer mehr abnimmt. Und trotzdem halte ich es ein bisschen trotzig mit Sören Kierkegaard, einem berühmten Philosophen des 19. Jahrhunderts, der gesagt hat: „Man kann das Leben nur vorwärts leben aber nur rückwärts verstehen.“

Wenn ich dann versuche, den Blick und die Neugier meiner Schülerinnen und Schüler in diesem Sinne auf die Ereignisse von 1918, 1938 und 1989 zu lenken, dann komme ich mir manchmal vor wie aus der Zeit gefallen. Das mag auch an meinem Alter von 63 Jahren liegen. Aber ich bin nun einmal fest davon überzeugt, dass wir den jungen Menschen erzählen müssen von den dramatischen Dingen des 9. November: vom Ende des 1. Weltkriegs 1918, von der Reichspogromnacht 1938, in der die menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten für jedermann und -frau ersichtlich wurde, und auch vom Fall der Mauer 1989, als es einen nie dagewesenen Schub an Hoffnung gab für unser Land.

Ich denke, in einer Zeit, in der die bisher immer für selbstverständlich gehaltenen Werte unserer Gesellschaft ins Wanken zu geraten scheinen, in der die Selbstverständlichkeit des demokratischen und freiheitlichen Umgangs miteinander irgendwie immer mehr Kratzer bekommt, da braucht es einen guten und klaren Blick zurück. Denn wir sehen dabei sowohl Menschen, die sich haben verblenden lassen und damit zum Unglück beigetragen haben als auch solche, die sich mutig für Freiheit und Menschenwürde eingesetzt haben. Beides müssen unsere Kinder sehen und dabei hoffentlich lernen: Eine Gesellschaft, in der jeder und jede in Gerechtigkeit und Sicherheit leben kann, die niemanden ausgrenzt und in der Platz ist für uns so unterschiedliche Menschen - eine solche Gesellschaft ist alle andere als selbstverständlich. Man muss etwas für sie tun.

Ich sage das als Christ. Ich bin überzeugt, dass Gott alle Menschen liebt, dass es sein/ihr Wille ist, dass seine Kinder in Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden leben sollen. Und solange das noch nicht der Fall ist, können und müssen wir den Mund aufmachen. Auch, wenn es viele nicht mehr hören wollen. Oder gerade deswegen.

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