Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder

Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder

Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder

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Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder

Als Junis geboren wird, schlägt sein Herz nicht mehr. Seine Eltern haben gewusst, dass ihr Baby tot zur Welt kommen würde. Begreifen, so sagen sie später, konnten sie es nicht. Bis zu diesem Tag. Philipp durchtrennt die Nabelschnur. Später liegt Junis auf der warmen Haut seiner Brust. Gebadet und weich umhüllt. Josephin hält Junis in ihren Armen, ihr Gesicht an seinem. Für ein paar Stunden können die beiden im Kreißsaal mit ihrem Sohn zusammenbleiben. Dann legen sie ihr totes Kind in die Arme einer befreundeten Krankenschwester. Sie geht und nimmt Junis mit. „In diesem Moment legte sich ein riesiger Schatten der Trauer über unser Leben“, versuchen seine Eltern dem Gefühl dieses Moments ein Bild zu geben. Anderthalb Jahre später können Josephin und Philipp gut über den Verlust und „eine lange Leidenszeit“ sprechen, die nicht erst am Tag von Junis‘ Geburt beginnt.

Nach zwei Fehlgeburten wird Josephin mit Junis schwanger. „In den ersten Wochen sah alles bestens aus“, erinnert sich die 31-Jährige. „Wir waren so glücklich, dass diesmal alles gut zu werden schien.“ Bei einem Kontrolltermin erkennt die Ärztin, dass Junis‘ Bauchdecke nicht geschlossen ist. „Der Schock war riesengroß“, sagt Philipp. Auf die Diagnose folgen etliche Tests und feindiagnostische Untersuchungen. In der 19. Schwangerschaftswoche wird ein schwerer Herzfehler entdeckt. Die Mediziner raten, die Schwangerschaft zu beenden. „Wir waren am Boden zerstört.“ Josephin und Philipp entscheiden sich, weitere Spezialisten hinzuzuziehen. Ein Wittener Arzt macht ihnen Hoffnung. „Den Herzfehler konnte dieser Arzt nicht bestätigen. Er ging außerdem davon aus, dass der offene Bauch gut operabel sei.“ Josephin und Philipp sind optimistisch, kaufen ihre Babyausstattung, machen Urlaub mit Freunden in Südtirol. „Es ging uns so gut“, blickt Josephin zurück.

In der 30. Schwangerschaftswoche ist etwas anders. „Ich habe keine Bewegungen mehr gespürt und gefühlt, dass etwas nicht stimmt.“ Eine Ärztin bestätigt die schlimmste Befürchtung: Junis kleines Herz schlägt nicht mehr. Im Nachhinein wird festgestellt, dass er durch seinen geöffneten Bauch nicht richtig versorgt gewesen ist. Die Geburt wird eingeleitet. Josephin bringt Junis auf natürlichem Weg zur Welt. Zwei Wochen später wird er auf dem Friedhof bestattet. „Ich war für eine lange Zeit wie gelähmt und konnte kaum etwas tun“, beschreibt Josephin die ersten Wochen danach. Philipp geht bald wieder arbeiten. „Ich musste wieder aktiv sein“, erinnert sich der 33-Jährige. „Aber bei allem, was ich tat, waren meine Gedanken bei unserem Kind.“

Heute geht es Josephin und Philipp besser. „Wir haben gemeinsam gelernt, unsere Geschichte mit uns zu tragen, ohne unter ihrem Gewicht zusammenzubrechen“, sagen sie. „Zum Glück waren wir nicht allein. Familie und Freunde haben uns immer gestützt.“ Eine große Hilfe auf dem Weg der Verarbeitung sei vor allem auch der Kontakt zur Offenen Selbsthilfegruppe der Bethanien Sternenkinderambulanz Hagen gewesen, die von Christiane Eyring, Pfarrer Jürgen Krullmann, Krankenhausseelsorger am Agaplesion Klinikum Hagen (AKH) und einigen Ehrenamtlichen betreut wird. „Nach einem Gespräch am Telefon sind wir bald zum Treffen der Gruppe gegangen“, erinnert sich Philipp. „Seitdem sind wir jeden Monat dort, und das tut uns sehr gut.“ Dabei sei nicht nur wichtig, Menschen zu treffen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. „Dort werden auch hilfreiche Tipps und Empfehlungen ausgetauscht.“ Josephin besucht zusätzlich eine geschlossene Trauergruppe, die ebenfalls von der Sternenkinderambulanz angeboten wird. „Die Geschichte teilen zu können und sich dabei in einer Gemeinschaft aufgehoben zu wissen, hilft uns sehr.“ Dieser Austausch habe zu einer gemeinsamen Gewissheit geführt: „Unser Kind wird für immer zu uns gehören. Dabei hat die Trauer um Junis einen festen Platz, und das darf auch so sein.“

Am dritten Adventssonntag werden Josephin und Philipp in einem Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder in der Hagener Pauluskirche eine Kerze für Junis anzünden. Viele andere werden das gleiche für ihre verstorbenen Kinder, Geschwister oder Enkel tun. Seit vielen Jahren wird dieser Gottesdienst unter anderem von der Sternenkinderambulanz und der Krankenhausseelsorge am AKH organisiert. „Wir gehen gerne dorthin“, sagen Junis’ Eltern. Der Erinnerung an ihr Kind werde an diesem Nachmittag ein besonderer Raum gegeben. „Die vielen brennenden Kerzen lassen diesen Ort leuchten.“ Der Schatten fällt für diesen Moment in den Hintergrund.


Termin und Hintergrund: Der Gedenkgottesdienst für verstorbene Kinder in der Pauluskirche in Wehringhausen findet seit vielen Jahren am Worldwide-Candle-Lighting-Day statt – in diesem Jahr ist das der 14. Dezember. Am Worldwide-Candle-Lighting-Day werden überall auf der Welt um 19 Uhr Kerzen für verstorbene Kinder in die Fenster gestellt. Der Gottesdienst am 14. Dezember in der Pauluskirche beginnt um 16 Uhr. Im Anschluss haben alle Teilnehmenden bei Getränken und einem kleinen Imbiss die Möglichkeit zum Austausch und zum Gespräch. „In dem Gottesdienst wird an alle Kinder erinnert, die vor oder nach der Geburt, klein oder groß, vor kurzer oder langer Zeit verstorben sind“, erklärt Pfarrer Jürgen Krullmann. Der evangelische Theologe ist Krankenhausseelsorger am AKH und lädt gemeinsam mit anderen zu diesem Gottesdienst ein. Einladende sind: die Eltern der Selbsthilfegruppe Sternenkinder Hagen, die Bethanien Sternenkinderambulanz Hagen und der Kinder- und Jugendhospizdienst Sternentreppe. Für Fragen und Informationen sind Christiane Eyring (0173.4789760, christiane.eyring@bethanien-stiftung.de) und Jürgen Krullmann (02331.2016380, seelsorge.akh@agaplesion.de) telefonisch oder per E-Mail erreichbar.

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