Ich sehe was, was Du nicht siehst

Folge 1

Nachbarschaft und miteinander mitten in Hagen

Als ich vor fünfeinhalb Jahren nach Hagen kam und mir die Stadt sehr genau ansah, fiel mir auf, dass viele Einrichtungen, die mit der Stadtsilhouette Hagens warben, die Johanniskirche als ein wichtiges, stadtprägendes Gebäude darin zeigten. Und von vielen Seiten wurde mir bestätigt, dass diese Kirche die schönste (gut, darüber lässt sich streiten. Es wurde aber auch von Nichtgemeindegliedern und eher kirchfernen Personen gesagt), älteste und wichtigste Kirche Hagens sei.

Inzwischen sieht das anders aus. Die meisten, fast alle, Stadtsilhouetten haben die Johanniskirche entfernt. Selbst auf dem sonst großartigen Poster zum Stadtjubiläum Hagens ist sie nicht zu sehen. Was ich stadtgeschichtlich schwierig finde.

Ja, ich habe mich so manches Mal gefragt, ob das nur mir auffällt und ob das – wenn es so wäre – gekränkte Eitelkeit ist. Lässt sich drüber streiten …

Mir sticht es vor allem ins Herz, weil ich den sehr schnellen Bedeutungsverlust der Kirche dahinter sehe. Und mit dem Bedeutungsverlust eine Gleichgültigkeit, die sich meines Erachtens auch im gesellschaftlichen Miteinander zeigt. Da, wo Kirche nicht mehr aktiv wahrgenommen wird, müssen Werte neu verhandelt werden. Da entsteht erst einmal ein Vakuum. Und das füllt sich nicht immer mit positiven Inhalten. Und Hagen hat da eine große Aufgabe!

Ich sehe da zuerst uns selbst in der Pflicht. Da sind wir dran …

Genauso sehe ich aber auch all die Mitläufer und gleichgültigen Menschen. Denen Hagen egal ist, die Nachbarschaft im besten Falle egal ist und wenn Sie um Ihre Meinung gefragt sind mit dem Satz: Das wird man ja nochmal sagen dürfen beginnen. Ohne bereit zu sein, sich begeistern zu lassen und Meinungen wenigstens stehen zu lassen …

Und dann – als ich mal wieder zu Fuß zur Johanniskirche ging – sah ich diese Silhouette.  Am Dönerladen. Alis Döner. Der wurde mir vor fünfeinhalb Jahren als guter Döner der Stadt empfohlen. Kannst du hingehen. Inzwischen ist es mit Döner essen bei uns deutlich eingeschränkt. Die Kids haben beschlossen, vegan zu leben. Ich find´s großartig. Da passt Döner nicht mehr.

Als ich in den Laden ging, um zu fragen, ob ich das Fenster fotografieren darf, fiel mir die Karte und auf der Karte eine ganze vegane Spalte auf … was soll ich sagen. Da gehen wir jetzt wieder hin!

Alis Döner sind unsere Nachbarn. Vis á vis zur Kirche. Das haben sie vermutlich eher begriffen als wir. Ich gehe gern bei Ihnen vorbei und freue mich an der Silhouette – und bald gehe ich auch wieder rein. Und wenn wir an der Johanniskirche etwas planen, dann werde ich sie für´s Catering anfragen.