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03. Mai 2022

„Das zweite Herz in meiner Brust schlägt für die Politik“

Pfarrer Thorsten Maruschke ist am Ostermontag von Superintendent Henning Waskönig aus seinem Dienst in der Lydia Kirchengemeinde verabschiedet worden. Den Theologen hat es nach Berlin gezogen: Seit dem 1. Mai arbeitet Maruschke dort – nicht mehr als Pfarrer, sondern an der Seite von Katrin Göring-Eckhardt, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages. „Wir danken dir für deinen treuen Dienst als Pfarrer an der Paul-Gerhardt-Kirche, in der Lydia-Kirchengemeinde“, so Henning Waskönig in seiner Ansprache zur Verabschiedung.

Pfarrer Thorsten Maruschke (Mitte) ist am Ostermontag von Superintendent Henning Waskönig (Vierter von links) aus seinem Dienst im Evangelischen Kirchenkreis Hagen verabschiedet worden.

„Wir sind glücklich über das, was Gott durch dich an diesem Ort und für die Menschen hier gewirkt hat. Du bist verlässlich für sie da gewesen: mit deinen Ideen, deinem besonderen Gespür für die Verschiedenartigkeit der Menschen und der Besonderheit jedes und jeder Einzelnen, mit deiner Gabe, die Botschaft von der Liebe Gottes so zu formulieren, dass sie die Menschen erreicht.“ Vielen sei heute schwer ums Herz, so der Superintendent. „Denn die Menschen hier, rund um die Paul-Gerhardt-Kirche, im ganzen Hagener Norden – und auch wir als Kolleginnen und Kollegen – lassen dich nur ungern ziehen. Es war gut miteinander.“

Thorsten Maruschke richtete den Blick in seiner Abschiedspredigt am Ostermontag auf die Kraft der Veränderung: „Vielen von uns fällt es schwer, noch daran zu glauben, daran, dass Veränderung etwas Positives sein kann“, so der Theologe. „Wir igeln uns ein in die Bequemlichkeit des Status quo – denn den kennen wir wenigstens schon und haben uns unser Leben darin irgendwie erträglich eingerichtet.“

Mit Ostern habe Gott den Anfang gemacht, den Anfang einer Veränderung zum Leben. „Jesus ist auferstanden und hat die Verhältnisse zum Tanzen gebracht.“ Er habe Veränderung unumkehrbar in Gang gesetzt. Gott habe gezeigt, dass er uns nicht in den bestehenden Verhältnissen lassen will, sondern dass er unseren Status quo ändern und auf den Kopf stellen kann – und wird. „Und wir? Wir müssen nur daran glauben“, so Thorsten Maruschke: Daran, dass Gott eine Änderung zum Besseren will.“ Daran, dass sie uns betreffen und mitreißen könne. „Denn wenn wir daran glauben, dann kann sich auch bei uns all das verändern, was tot ist und was unser Leben hindert.“

Dass Thorsten Maruschke auf die Kraft der Veränderung vertraut, zeigt sein Weg zum Beruf des Pfarrers: Als er mit seinem Studium der Evangelischen Theologie startet, ist er konfessionslos. Nach dem Abitur an einer katholischen Schule im Münsterland hatte er sich gerade erst von der katholischen Konfession verabschiedet. „Ich war mit Überzeugung nicht mehr katholisch – aber evangelisch war ich formal eben auch noch nicht“, erinnert er sich an die erste Zeit an der Uni. Jetzt ein erneuter Richtungswechsel. „In Berlin ich werde Katrin Göring-Eckardt begleiten und vor allem Texte für Sie verfassen.“ Eine weitere Veränderung; zu der er sagt: „Mir sind die Menschen hier sehr ans Herz gewachsen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass das jetzt der richtige Schritt ist.

Thorsten Maruschke hat sich schon im Studium intensiv mit dem Verhältnis von Staat und Kirche beschäftigt und in diesem Bereich auch für einige Zeit wissenschaftlich gearbeitet. So hat er in diesem Zusammenhang für ein Jahr in Italien gelebt und dort zum Thema Kirchenfinanzierung geforscht. Die akademische Laufbahn hat er nicht eingeschlagen. Zum Vikariat ging es nach Bielefeld und nach Berlin – an die Führungsakademie für Kirche und Diakonie. In dieser Zeit absolvierte er ein Praktikum beim Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) bei der Bundesregierung und der Europäischen Union – „Und damit war ich dann wieder an der Schnittstelle zwischen Kirche und Politik.“ Er blieb für ein Jahr als theologischer Assistent, arbeitete mit an Stellungnahmen zum Beispiel zum assistierten Suizid und schrieb vor allem Texte. „Das hat mir viel Spaß gemacht und ich wäre gerne länger geblieben

Die Landeskirche aber ruft und Thorsten Maruschke geht in den Gemeindedienst. Nach vier Jahren in Ostwestfalen landete er in Hagen – „ganz bewusst“ - zunächst in die Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde, die sich im vergangenen Jahr mit anderen Gemeinden zur Lydia Kirchengemeinde vereinigt hat. „Hierhin bin ich gekommen, weil ich das Gefühl hatte, dass es eine lebendige Arbeit mit Kindern gibt und eine enge Zusammenarbeit mit dem Kindergarten - zwei Dinge, die mir sehr liegen.“ Mit Kindern zusammen den Glauben zu entdecken – das habe er mit viel Freude getan. „Auch direkt hier an der Kirche und damit mittendrin zu wohnen – das war meins. Und die Arbeit in der Gemeinde hat mir in der ganzen Zeit großen Spaß gemacht.“

Jetzt knüpft Maruschke dort an, wo er vor etwa zehn Jahren aufgehört hat. „Das zweite Herz in meiner Brust schlägt für die Politik.“ Sein beruflicher Werdegang macht diesen Schritt nachvollziehbar. Aber es steckt noch mehr dahinter. „Der Umgang mit Sprache ist meine Leidenschaft“, sagt der Theologe. „Ich predige sehr gerne und feile im Vorfeld intensiv an meinen Worten.“ Mit dem Jobwechsel könne er künftig diese Arbeit, „die ich wirklich liebe“, zu seiner Hauptbeschäftigung machen. „Meine ganze Arbeitskraft in Sprache investieren zu können – das ist eine reizvolle Aussicht.“

Thorsten Maruschkes berufliche Geschichte hat ungewöhnlich begonnen, und so geht sie auch weiter. Die Menschen, mit denen er in Hagen in all den Jahren zusammengearbeitet habt, „werden immer ein Teil dieser Geschichte bleiben.“ Was er ihnen mit auf ihren Weg geben möchte: „Dass sie im Blick behalten, dass wir hier richtig viel Gutes geschafft haben und dass es sich lohnt, auf diesem Pfad zu weiter zu gehen.“ Auch, wenn er selbst nach Berlin abbiegt, „in meiner Brust werden zwei Herzen weiterschlagen.“

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