Andachten

04. Januar 2021

„Menschen vor allem mit Herz betrachten“:
Andacht im Januar

Pfarrerin Karen Koers gehört zum fünfköpfigen Pfarrteam der neu formierten Evangelischen Lydia-Kirchengemeinde in Hagen. Foto: TSEW

Pfarrerin Karen Koers beschäftigt sich in der Andacht des Monats Januar mit der Jahreslosung: „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! (Lukas 6,36)“

Katharina ärgert sich. Über sich selbst. Darin hat sie gute Übung. Das neue Jahr ist erst wenige Stunden alt und schon hat sie ihre guten Vorsätze über Bord geworfen. Statt weniger Stress hat sie sich komplett dem Auftrag im Büro verschrieben, ihn im Alleingang ausgeführt, und das Projekt gegen die Wand gefahren. Schon als Zweijährige war ihr Lieblingswort „selber“. Katharina kennt ihre Grenzen. Sie überschreitet sie ja oft genug.

Zum Jahresanfang hat sie Post von ihrer Freundin Lydia bekommen. Lydia ist nach Hagen gezogen wegen ihres neuen Jobs. Sie berichtet vom Umzug und vom Start in der neuen Firma. „Stell Dir vor“, schreibt sie, „direkt, nachdem ich hier bei der Arbeit den Vertrag unterschrieben hatte, haben die mir noch ein Papier vorgelegt. Eine Charta mit Grundsätzen, wie wir hier miteinander leben und arbeiten wollen. Fand ich erst ziemlich übertrieben. Dachte, der Selbstoptimierungswahn kennt keine Grenzen mehr. Aber dann ist mir das doch nahegegangen. Hintergrund ist, dass hier in der Firma fünf kleinere Betriebe zusammengeführt wurden. Ich schick dir mal einen 

Auszug:
1. Voraussetzung ist der gemeinsame Wille aller Beteiligten zur Arbeit auf Augenhöhe.
2. Jede*r ist gewillt, sich selbst in die*den andere*n und ihre*seine Situation hineinzuversetzen, auch wenn es mitunter schwerfällt und Zeit und Kraft kostet.
3. Indem sich alle wechselseitig Traditionen, Hintergründe, Motive, Ängste, Vorhaben, Ziele usw. mitteilen und erklären, kann Transparenz geschaffen werden.
4. Unterschiedliche Meinungen werden als Mehrwert geschätzt und gewürdigt; für gemeinsame Meinungsbildung wird Zeit gefunden und Geduld geübt.

„Wie schön wäre das“, denkt Katharina, „zu einem Team zu gehören, wo einer den anderen wahrnimmt und wertschätzt. Wo offen geredet und zusammengearbeitet wird, weil dort ein guter gemeinsamer Geist herrscht.“

Lydia hat zu dem Brief an Katharina einen Kalender für 2021 gelegt. Hinten drauf steht: „Dieser Kalender war ein Geschenk meiner neuen Kirchengemeinde hier in Hagen. Fand ich ja nett, dass die sich direkt gemeldet haben, nachdem ich hergezogen bin. Aber aus Versehen habe ich den Kalender gleich doppelt bekommen. Sie bleiben halt auch fehlbar, die Kirche und ihr Bodenpersonal. Hab gedacht, dass Du den zweiten Kalender gebrauchen kannst und er Dich durch das Jahr begleiten soll.“ Vorne auf dem Kalender steht ein Bibelwort. „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“

„Vielleicht kann ich mich selbst nur ertragen, wenn ich mich liebevoll angesehen fühle“, überlegt Katharina. „Und nur dadurch kann ich auch andere liebevoll ansehen. Fehler gehören dazu. Menschen so anzuschauen, dass ich nicht vorab bewerte, sondern zuerst und vor allem mit Herz betrachte, das kann ich mir von Jesus abgucken. Barmherzig sein. Mit anderen. Mit mir selber. So wie Gott mit uns barmherzig ist. Das ist eine wirklich gute Übung für dieses neue Jahr!“

Cookie Hinweis
Diese Webseite verwendet Cookies. Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Nutzung dieser Cookies zu. Siehe auch unsere Datenschutzhinweise
Zur Kenntnis genommen