Andachten
Was der Mensch sät, wird er auch ernten:
An(ge)dacht im November/Dezember
Von Pfarrer Christoph Weiling
Ausgerechnet in den Tagen der US-Wahl stieß ich auf den Vers: "Was der Mensch sät, das wird er auch ernten." Zu finden im Galaterbrief, Kapitel 6, Vers 7. Wie passend!, dachte ich. Denn es ist ja wirklich so: Das Prinzip von Saat und Ernte gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern für alle Lebensbereiche. Das Ergebnis unseres Tuns werden wir ernten. "Wer Wind sät, wird Sturm ernten", heißt es frei nach einer anderen Bibelstelle (Hosea 8,7). Dummerweise liegt zwischen Saat und Ernte oft eine lange Zeit, so dass die Menschen regelmäßig die Folgen ihres Tuns aus dem Blick verlieren.
Erinnern wir uns aber: Wer in seinem Elternhaus viel Wärme, viel Liebe, Lob und Anerkennung erfuhr, bei dem ist dieser Same als gute Frucht aufgegangen. Er ist selbst beziehungsfähig geworden und leidet weniger an Minderwertigkeitskomplexen. Das Gegenteil gilt ebenso: Streitereien der Eltern oder ungerechte Kritik durch Lehrer in der Schule prägen negativ.
Die Saat bestimmt die Ernte. Das gilt nun auch im Großen. Wer einen Krieg anzettelt, der wird damit alle Bemühungen um Frieden und Verständigung für viele Generationen vergiften. Wer das Klima schädigt, erntet die Klimakatastrophe. Wer die Schöpfung ausbeutet, raubt seinen Kindern die Zukunft. Das alles liegt seit Jahren offen zutage und ist nicht erst seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine oder den verheerenden Überschwemmungen in Spanien bekannt.
Nun hat eine knappe Mehrheit der Amerikaner den früheren Präsidenten Trump ein weiteres Mal gewählt, obwohl auch in den USA nicht ganz unbekannt sein dürfte, dass es sich bei ihm um einen notorischen Lügner, verantwortungslosen Spalter und überführten Verbrecher handelt. Ob sie mit ihrer Wahl nur eine Entlastung ihrer Geldbeutel oder nicht gleichzeitig den Abschied von der Demokratie gewählt haben, wird sich zeigen. Jedenfalls sind wir gut beraten, wenn wir selbst im Februar zu den Wahlurnen gerufen werden, auch zu prüfen, ob die Kandidaten charakterlich für die Ämter geeignet sind, die sie anstreben, oder ob sie ohne echte Verantwortung für das Land bloß Eigeninteressen verfolgen.
Leider ist die Menschheitsgeschichte voller Beispiele für das kurzsichtige wie gleichwohl verhängnisvolle Agieren unserer Spezies. Doch es gilt auch: Lügen haben kurze Beine. Freilich scheint mir der Preis dafür, dass der Mensch offenbar erst durch Fehler lernt, sehr hoch. Vielleicht zu hoch.
Leicht könnte ich nun der Schwarzmalerei verfallen, wenn ich nicht im gleichen Galaterbrief des Paulus ein paar Zeilen weiterlesen würde. Denn da heißt es ganz positiv und überraschend ermutigend: "Lasset uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn dann werden wir auch ernten ohne Aufhören." Und: "Solange wir noch Zeit haben, so lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen."
Da ist einer gewiss: Wenn wir nur in den vielen kleinen Bereichen, eben dort, wo wir es vermögen, gut aussäen, dann wachsen und reifen auch gesunde Früchte wie Gerechtigkeit, Frieden, Güte und Freundlichkeit. Besonders gilt es dabei, die Kinder und Jugendlichen nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn unser Tun wie auch unser Unterlassen entscheiden über ihre Zukunft mit.