Andachten

01. Juli 2019

An(ge)dacht im Juli

Pfarrer Thorsten Hansen beschäftigt sich in der Andacht des Monats Juli mit dem Motto des Kirchentages: "Was für ein Vertrauen!" (2. Buch der Könige).

Dieser Satz aus dem 2. Buch der Könige stand Pate für den 37. Deutschen Kirchentag in Dortmund. Für mich musste dieses Motto von vornherein mit einem Ausrufezeichen versehen werden! Es gehört schon Mut dazu, in den Zeiten des „Kirchen-Schrumpftums“ so einen Auftritt hinzulegen. Und so bin ich selbst eher mit einem ängstlichen Fragezeichen im Herzen nach Dortmund gefahren.

Beim Abend der Begegnung hatte die Volmarsteiner Gemeinde einen Stand mit Kartoffelwaffeln und Bärlauch-Dip zwischen dem Hauptbahnhof und dem Hansaplatz aufgebaut. Zwar hatten wir nur Laufkundschaft, aber die Stimmung war prima und die Gäste waren voller Neugier, Offenheit und Freude. Wir hatten wunderbare Begegnungen am Wegesrand.  

Tags darauf war ich mit einer Gruppe älterer Damen an den Westfalenhallen unterwegs. Es sollte an diesem Tag bewusst gemütlich zugehen. Wir hörten einer Diskussion über die Einbürgerung geflüchteter Menschen zu: „Einbürgerung- wo hinein?“; Wir saßen später beim „Roten Sofa“ des evangelischen Medienverbandes; wir waren begeistert beim Musical „Martin Luther King“. Es wurde ein toller Nachmittag, der erst spät nachts enden sollte. Auch hier fand alles Wesentliche eigentlich zwischen den Zeilen und zwischen den Zeiten statt: In den kleinen Gesprächen am Rande, in den Diskussionen und auf den Wegen.

Am Samstag ist unsere Jugendgruppe mit der Jugendreferentin in das Camp am Fredenbaum-Park gefahren. Ich selber bin noch einmal über den „Markt der Möglichkeiten“ an der Westfalenhalle geschlendert: Was für ein riesiges Angebot es in unserer Kirche doch gibt! Es finden sich Initiativen für den ökologischen Landbau genauso wie für den fairen Welthandel; es gibt Bereiche, in denen man sich über die vielfältigen Angebote für Kinder informieren kann und Bereiche, in denen das Alter und die Diakonie im Mittelpunkt stehen.

Jeder einzelne Stand wird getragen von vielen Händen und von vielen Herzen. In der Summe ist dieser Markt der Möglichkeiten ein vielfältiger Chor aus Händen und aus Herzen, die für ihre Sache brennen. Das gilt besonders für den roten Faden,  der diesen  Kirchentag absichtsvoll durchzogen hat: Die Sache der geflüchteten Menschen.  „Man lässt keinen Menschen ertrinken. Punkt!“  Das wurde für mich zum  Kernsatz der Predigt im Abschlussgottesdienst am Sonntagmorgen im Stadion.  

Die Niederungen des kirchlich-gemeindlichen Alltags sehen ernüchternd aus. Das wissen wir alle. Aber der Kirchentag war für mich wie ein Spaziergang über ein Feld, auf dem gerade eben frisch ausgesät worden ist. Überall sah man die Samen und die Keimlinge der Zukunft  unserer Kirche und unserer Gemeinden aus dem Boden schießen: Es geht weiter. Es geht gewiss anders weiter. Aber es geht weiter! Das war unübersehbar.

Die Zusage Jesu gilt für die kleinste sonntägliche Gemeinde genauso wie für die ein-  oder zweihunderttausend Kirchentagsbesucher: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18,20)! Aber alles beginnt im Kleinen! Das Motto des Kirchentages kommt für mich am Ende ohne ein Ausrufezeichen oder ein Fragezeichen aus:

„Was für ein Vertrauen. Punkt!“

Thorsten Christian Hansen,       Pfarrer in der ev. Kirchengemeinde Volmarstein

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