Andachten

01. Oktober 2019

„Wer Hilfe braucht, soll sie bekommen!“:
An(ge)acht im Oktober

Pfarrer Martin Schwerdtfeger hat eine klare Haltung: „In unserem Sozialstaat soll jeder Mensch einen Platz zum Schlafen bekommen und genug für Kleidung und Nahrung; und jeder soll am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“ Foto: Kristina Hußmann

Pfarrer Martin Schwerdtfeger beschäftigt sich in der Andacht des Monats Oktober  mit diesem Text: „Wie es dir möglich ist: Aus dem Vollen schöpfend - gib davon Almosen! Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben (Tobias 4,8).“

Im Musical Anatevka bittet ein armer Mann einen Reichen um etwas Geld. Der gibt ihm ein paar Kopeken. Da sagt der arme Mann: „Letzte Woche hast du mir mehr gegeben.“ „Na, die Geschäfte waren schlecht.“ „Und warum soll ich leiden, wenn deine Geschäfte schlecht gehen?“

Almosen zu geben, ist eine religiöse Pflicht. In den fünf Büchern Mose ist es mehrfach geregelt. In jedem dritten Jahr soll ein Zehntel des Ernteertrages an Bedürftige abgegeben werden. Und es wird auch aufgeführt, wer bedürftig ist: die Leviten, die für die Gemeinschaft im Tempel Dienst tun, außerdem die Fremden, die Waisen und Witwen. Sie sollen essen und sich sättigen, auf dass dich der Herr, dein Gott, segne in allen Werken deiner Hand, die du tust. (5. Mose 14,28f)

Wie weit dieses Gebot, für die Armen zu sorgen, eingehalten wurde, das ja auch im Islam und im Christentum aufgenommen wurde, wissen wir heute nicht. Allerdings haben im Lauf der Zeit immer wieder Propheten geklagt, dass Fremde, Witwen und Waisen nicht ausreichend versorgt wurden.

Heutzutage zeigt sich eine große Bereitschaft, zu spenden; bei Naturkatastrophen wie der Oderflut 1997, dem Hochwasser an der Elbe 2002 oder dem Tsunami in Südostasien 2004. Damals hat mich eine Spende besonders bewegt. Eine Arbeitsloseninitiative hatte über die Schäden in Indonesien gesprochen und die Sozialarbeiterin sagte den Mitgliedern: „Ihr habt selber wenig Geld. Aber ihr könnt ein bisschen abgeben und anderen helfen.“ Und so spendete die Gruppe 31 Euro und ein paar Cent. – Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht, aus dem Wenigen Almosen zu geben!

Viele Aufgaben in der Diakonie können nur wahrgenommen werden, weil Menschen teilen. Auch die Aktion Brot für die Welt wird jedes Jahr mit erheblichen Spenden unterstützt.  Zurückhaltender sind die Menschen, wenn Einzelne um Hilfe bitten. Bettler haben zum Teil in unseren Straßen Erfolg, aber viele gehen lieber an ihnen vorbei, sind genervt oder denken, es gebe doch Hilfe vom Staat. Doch unser Staat fängt nicht alle Not auf, und Ehrenamtliche aus der Suppenküche oder Luthers Waschsalon erzählen, wie wichtig auch Gespräche sind und Tipps, an wen man sich wenden kann, oder Hilfestellung bei Anträgen und Behördengängen.

Das Wort „Almosen“ hatte einmal einen guten Klang. Es stand für Mitgefühl und praktische Hilfe. Inzwischen aber hat es einen schlechten Beigeschmack. „Mit Almosen abgespeist zu werden“, das bedeutet, sehr wenig zu bekommen und ungerecht behandelt zu werden. In unserem Sozialstaat soll jeder Mensch einen Platz zum Schlafen bekommen, genug für Kleidung und Nahrung und jeder soll am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Wer Hilfe braucht, soll sie bekommen! Und sie annehmen können, ohne sich dafür zu schämen. Denn Scham stellt sich leicht bei Armut ein.

Im Oktober feiern wir Erntedank und viele teilen und geben etwas ab von dem, was sie geerntet haben. Dankbarkeit macht uns freundlicher.

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